Hintergrundinformationen (Energie/Wärme)

Energie- und Wärmeversorgung Flensburg
Für die Klimaentwicklung spielt die Versorgung der Bürger mit Strom und Wärme eine wesentliche Rolle: 2015 entstanden ca. ¾ des CO²-Austosses in Flensburg durch die Flensburger Stadtwerke. Diese versorgen ca. 98 % der Flensburger Haushalte mit Wärme. Über ein Fernwärmenetz mit 672 Kilometern Länge werden ca. 19.000 Haushalte in Flensburg, Glücksburg und Harrislee versorgt. Die stadteigenen Stadtwerke haben somit im Wärmebereich ein QuasiMonopol. Durch den seit 1988 liberalisierten Strommarkt kann hingegen jeder Flensburger selbst entscheiden, von wem er den Strom beziehen möchte. 80 % des bei den Flensburger Stadtwerke erzeugten Stromes werden nach außerhalb Flensburgs geliefert.
1969 wurde das Fernwärmenetz installiert und damit die Umrüstung der Stadtwerke auf Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ermöglicht. Dadurch ergab sich eine deutlich verbesserte Energieausbeute der verbrannten Kohle, indem die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme zum Heizen genutzt wurde. Mit der Fertigstellung eines Gaskraftwerkes (Kessel 12) in 2016 konnten 2 Kohleheizkessel stillgelegt werden, was mit einer Steigerung des Wirkungsgrades und weiterer Verbesserung der Luftqualität einherging. Das derzeit in Bau befindliche Gaskraftwerk (Kessel 13) wird 2 weitere Kohlekessel ersetzen, so dass ab 2023 80 % der Energie mit Gas erzeugt werden. Seit 2008 wurde auch ein kleinerer Teil der Brennstoffe durch Sekundärbrennstoffe (Müll) und Holzhackschnitzel ersetzt. Seit 2013 gibt es darüber hinaus einen Elektrodenheizkessel (30 MW), der es ermöglicht, überflüssigen Strom z.B. aus Windkraft in Wärme umzuwandeln (Power-To-Heat). Wurden so eine Verbesserung der Luftqualität und Erhöhung des Wirkungsgrades erzielt, bleibt ein erheblicher Ausstoß von CO² durch Verbrennung fossiler Stoffe wie Kohle und (zunehmend) Erdgas. 2018 waren das ca. 600.000 t.
Die Energiegruppe der AKF hat sich mit der Frage befasst, in welcher Form eine Weiterentwicklung der Energie- und Wärmeversorgung in Flensburg zur Klimaneutralität möglich ist. Dabei ergibt sich ein Grundproblem: Die zukünftige klimaneutrale Stromproduktion muss / wird v.a. durch Windkraft und Photovoltaik erfolgen. Gaskraftwerke werden lediglich als Reservekraftwerke gebraucht und daher nicht mehr ständig arbeiten und als Nebenprodukt Wärme produzieren. Die Wärmeversorgung für die Fernheizung müsste dann durch ein Heizwerk ohne KWK erfolgen. Da Erdgas als fossiler Brennstoff entfällt, müsste grünes Gas (Wasserstoff, Methan) dafür genutzt werden, was von den Stadtwerken bereits angedacht wurde und mit dem neuen Kessel 13 auch möglich ist. Grünes Gas –anders als Erdgas –muss mittels Elektrolyse aus Windkraft oder Photovoltaik hergestellt, transportiert, wieder verbrannt und seine Heizenergie mit Verlusten über das Fernwärmenetz transportiert werden. Dabei entsteht ein Energieverlust von ca. 45%. Außerdem ist Wasserstoff 6-8mal teurer als Erdgas und wird vermutlich auch teuer bleiben, da es eine hohe Nachfrage für Grünen Wasserstoff insbesondere von Stahlindustrie, Chemieindustrie und Raffinerien geben wird. Diese Bereiche müssen auch Vorrang haben vor einer Verheizung des Wasserstoffs, da Alternativen für diesen Bereich nur fossile Stoffe sind. Hinzu kommt, dass der Wärmebedarf in den Haushalten sinken wird, bedingt durch bessere Wärmedämmung und wärmere Sommer und Winter. Die Fixkosten der Stadtwerke werden sich also auf weniger Wärmeeinheiten verteilen und zu einer weiteren Verteuerung der Fernwärme führen.
Aus diesen Gründen sehen wir als notwendig an, dass der Fernwärmepfad verlassen wird und die direkte Stromnutzung für die Wärmeerzeugung z.B. in Form von Wärmepumpen gefördert wird.
Gleichwohl wird das Fernheizungssystem in Flensburg noch für einen längeren Zeitraum gebraucht. So hat sich beispielsweise der Fernwärmeverbrauch der Liegenschaften der Stadt Flensburg zwischen 2013 mit 26.887 MWh und 2018 mit 27.325 MWh (bei erheblichen zwischenzeitlichen Schwankungen) nicht wesentlich verändert. Die Fernwärmeproduktion der Stadtwerke ist seit 2009 mit ca. 1 TWh konstant. Dabei sind Einsparungen bei Neuanschlüssen durch die Zunahme der angeschlossenen Haushalte um 10 % von 17.286 in 2013 auf 19.000 in 2019 kompensiert. Die Bevölkerungszahl der angeschlossenen Gemeinden hat im gleichen Zeitraum um ca. 7% von 107297 auf 114659 zugenommen. Ein Großteil der Häuser ist nicht oder nicht gut gedämmt und die nachträgliche Dämmung von Altbauten erfordert höhere Investitionen. Hier sind erhebliche staatliche Fördermaßnahmen nötig, damit es nicht zu stärkeren Mieterhöhungen kommt. So wäre es möglich, eine Verteuerung der Wärme durch Einsparungen zu kompensieren.


Quellen:
Statistikamt Nord: http://region.statistik-nord.de/detail_timeline/13/1102/1/1/352/1176/
Geschäftsberichte der Stadtwerke Flensburg: https://www.stadtwerke-flensburg.de/unternehmen/ueber-uns/aeltere-geschaeftsberichte.html
CO²-Ausstoss Stadtwerke: https://prtr.eea.europa.eu/#/facilitydetails?FacilityID=104952
Klimaschutz Flensburg: https://www.flensburg.de/natur-umwelt/klimaschutz/index.php
Harrislee: https://www.harrislee.de/index.phtml?mNavID=1902.40&sNavID=1902.40&La=1
Energiebericht 2018 der Stadt Flensburg: https://ratsinfo.flensburg.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZR0_sJCRdV9wqJmcCyr3U-s
Gas- und Dampfkraftwerk: https://www.energie-lexikon.info/gas_und_dampf_kombikraftwerk.html
Power To Gas:
https://www.greenpeace-energy.de/presse/artikel/greenpeace-energy-und-energie-des-nordens-bauen-windgas-elektrolyseur.html
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/roadmap-gas-fuer-die-energiewende-nachhaltiger
https://www.element-eins.eu/
https://www.westkueste100.de/
Wärmepumpen: https://www.umweltbundesamt.de/print/60414